Deutschland Expats

Manche Klischees halten sich weiterhin hartnäckig: Deutschland gilt international als wirtschaftsstarkes, gut organisiertes Land mit hoher Lebensqualität. Der Ruf gilt als exzellent und besonders die deutsche Pünktlich- und Gründlichkeit werden immer wieder hervorgehoben. Doch eine aktuelle Umfrage von InterNations aus dem Jahr 2024 wirft Schatten auf das leuchtende Bild – zumindest aus der Sicht von Expats. In dem jährlich erscheinenden „Expat Insider“-Ranking landet Deutschland erneut auf den hinteren Plätzen. Tendenz: fallend. Was läuft schief?

Deutschland auf dem Abstellgleis: Platz 50 von 53

Laut der InterNations-Umfrage, an der über 12.000 Expats aus aller Welt teilnahmen, belegt Deutschland 2024 nur den 50. Platz von 53 Ländern – ein deutliches Signal, dass die Bundesrepublik als Ziel für Auswanderer zunehmend an Attraktivität verliert. Nur Länder wie Norwegen und Kuwait schneiden noch schlechter ab.

Die InterNatios-Umfrage existiert seit 2014 und befragt einmal jährlich Menschen, die im Ausland leben, nach deren Lebensqualität und Zufriedenheit. Die Bewertung aus dem Jahr 2024 ist die schlechteste, die Deutschland jemals erhalten hat. Abgefragt werden Kriterien wie Lebensqualität, Arbeit, oder Ankommen.

Es handelt sich um eine subjektive Umfrage, die lediglich die Wahrnehmung und das persönliche Befinden der Teilnehmenden erfragt. Da im Ausland lebende Arbeitskräfte grundsätzlich gefragt werden, umfasst die Studie viele unterschiedliche Berufsgruppen. Sie ist also nicht repräsentativ für Pflegekräfte aus dem Ausland. Nichtsdestotrotz zeigen die Ergebnisse einen deutlichen Trend auf. Die Ergebnisse sind ein deutliches Signal für Arbeitgeber, berufliche Karrieren in Deutschland – sowie die sozialen Kreise, in denen diese stattfinden – möglichst attraktiv zu gestalten.

Die größten Kritikpunkte: Bürokratie, Digitalisierungsdefizite und soziale Integration

Die Ergebnisse zeigen: Deutschland punktet zwar mit wirtschaftlicher Stabilität und einem starken Arbeitsmarkt – doch das reicht nicht. Expats beklagen vor allem:

  • Überbordende Bürokratie: Vom Anmelden eines Wohnsitzes bis hin zum Erhalt einer Arbeitserlaubnis – viele Prozesse sind kompliziert, langsam und papierbasiert.

  • Mangelhafte Digitalisierung: Im internationalen Vergleich wirkt Deutschland oft rückständig. Ob beim Online-Banking, bei Behördengängen oder im Gesundheitswesen – digitale Angebote fehlen oder funktionieren schlecht.

  • Schwierige soziale Integration: Viele Expats berichten von einer kühlen, verschlossenen Gesellschaft. Es falle schwer, Anschluss zu finden und Freundschaften zu knüpfen. Auch Sprachbarrieren spielen eine Rolle. Wie wichtig Interkulturelle Kompetenz und Integration sind, darauf weisen wir in unserer Arbeit immer wieder hin.

Arbeitsleben: Licht und Schatten

Positiv hervorgehoben wird die Arbeitsplatzsicherheit und die wirtschaftliche Stabilität Deutschlands. Auch das Bildungssystem erhält vergleichsweise gute Noten. Allerdings stehen dem:

  • Mangel an Flexibilität,

  • schlechte Work-Life-Balance (im Vergleich zu Ländern wie Spanien oder Portugal),

  • und ineffiziente Verwaltung im Arbeitsumfeld

gegenüber, was die Gesamtzufriedenheit stark schmälert. Ein Faktor, der nicht in der Umfrage auftaucht, fällt außerdem ins Gewicht: Um in Deutschland wirklich Fuß fassen zu können, sind Kenntnisse der deutschen Sprache nötig. Das bezieht sich auf Behördengänge bis hin zu Erledigungen im Alltag. Folglich sind Länder wie Großbritannien oder Irland tendenziell anschlussfähiger für Expats und Arbeitsmigrant*innen. Und das in der Regel ohne Sprachweiterbildungen nach Feierabend.

Schaut man genauer auf die Ergebnisse der Umfrage, zeigt sich also folgendes Bild: Aspekte wie Jobsicherheit und Karriereentwicklung werden grundsätzlich positiv gewertet. Aspekte, die den Schnitt deutlich senken, umfassen Bereiche wie: Freundlichkeit, Willkommenskultur und soziale Anbindung, aber auch Wohnen, Digitalisierung und Sprache. Im internationalen Städtevergleich werden regionale Unterschiede innerhalb von Deutschland sichtbar, zugleich zeigt sich in allen genannten Orten ein ähnlicher, deutschlandweiter Trend.

Was Deutschland jetzt tun müsste

Vor allem in Zeiten des Fachkräftemangels sind die Ergebnisse der Umfrage ein lautes Warnsignal. Um international talentierte Menschen – auch Pflegekräfte – langfristig anzuziehen und zu halten, müsste Deutschland:

  • Bürokratische Hürden abbauen und Prozesse digitalisieren

  • Internationale Fachkräfte besser begleiten und integrieren

  • Eine offenere Willkommenskultur etablieren

Potenzial da – aber schlecht genutzt

Deutschland hat viel zu bieten – doch die Realität für viele Expats ist ernüchternd. Wenn die Bundesrepublik als attraktives Zielland bestehen will, sind tiefgreifende Reformen notwendig. Die InterNations-Umfrage 2024 liefert dafür klare Hinweise – jetzt liegt es an Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.