Pflegekräfte aus dem Ausland sind auf Zack: Bei uns gehen als Personaldienstleister einige Bewerbungen von internationalen Pflegekräften ein. Beim ersten Kennenlernen läuft es manchmal gut, manchmal ist es auch mühsam. Heute nehmen wir uns dieses Thema vor und plaudern ein bisschen aus dem „Personaler-Nähkästchen“. Dabei gibt es auch einige praktische Tipps und Tricks für Arbeitgeber*innen.
1) Langsam und deutlich sprechen
Es klingt so einfach und geht im Eifer des Gefechts dann doch oft unter: Bitte langsam sprechen. Die meisten Pflegekräfte aus dem Ausland sind vor und während des Kennenlerngesprächs mit ihren potenziellen Arbeitgebern unfassbar aufgeregt. Immerhin handelt es sich um ein zukunftsweisendes Gespräch. Man trifft zudem (vielleicht zum ersten Mal) auf einen Deutsch-Kontakt außerhalb der bekannten Umgebung. Diese Prüfungssituation ist für die Pflegekräfte oft nervenaufreibend.
In unseren gemeinsamen Kennenlerngesprächen mit den Arbeitgebern und Pflegekräften schlagen wir daher gerne vor, dass die Arbeitgeber und ihre Vertreter*innen sich zuerst vorstellen. Das gibt einen Rahmen und die Pflegekräfte haben einen Moment zum Durchatmen und im Gespräch anzukommen. So bekommen die Pfleger*innen auch einen Eindruck bekommen, mit wem sie es zu tun haben.
Wichtig beim Gespräch ist, langsam und deutlich zu sprechen. Für Muttersprachler*innen kann das gedrosselte Tempo und die einfachere Sprache etwas gewöhnungsbedürftig sein. Auch gerne kurze Sätze ohne viele Nebeneinschübe sind hier sehr hilfreich. Sollten Sie noch nicht so viele Erfahrungen mit internationalem Personal haben, ist das Kennenlernen eine gute Übung für später, wenn die Pflegekraft im Haus ist und angeleitet werden muss.
2) Verständnis zu haben, bedeutet nicht, alles durchgehen zu lassen
Wir wiederholen uns: Nur wenn sich Pflegekräfte aus dem Ausland gut integriert und angenommen fühlen, werden sie sich langfristig und freiwillig an Ihr Gesundheitsunternehmen binden wollen. Daher sind Interesse und Verständnis für die Situation der Pfleger*innen und ihre Umstände unabdingbar. Ermutigen Sie sich auch, zum Beispiel, wenn Grammatikfehler passieren oder Vokabeln vergessen werden, es nochmal und anders zu versuchen. Das schafft Vertrauen und bietet eine erste Grundlage für eine gemeinsame Fehlerkultur.
Viele Pflegekräfte aus dem Ausland haben den Anspruch, sich im Kennenlerngespräch perfekt und fehlerfrei zu zeigen. Das ist verständlich, möchte man sich doch bei dieser ersten Gelegenheit von der besten Seite zeigen. Manche Pfleger*innen können dabei aber über das Ziel hinausschießen. Wir haben es schon oft erlebt, dass Selbstvorstellungen und Antworten auf mögliche Fragen stark vorbereitet sind und damit auch lang und komplex werden. Sätze mit komplizierten Worten und drei Kommas kann sich leider meistens kaum jemand merken. Daher werden Antworten abgelesen oder auswendig aufgesagt.
Haben Sie Verständnis, wieso die Pfleger*innen das tun. Versuchen Sie, die gestellten Fragen umzuformulieren oder andere Fragen zu stellen als allseits bekannte „Standard-Fragen“. Ermutigen Sie die Kandidat*innen, dass sie schon sehr gut sprechen und dass Sie sich über den gemeinsamen Austausch auf Deutsch freuen.
Eine besondere Herausforderung kommt unserer neueren Erfahrung nach auch durch die Nutzung von Künstlicher Intelligenz. In einigen Vorstellungsgesprächen haben wir es erlebt, dass Kandidat*innen Übersetzungstools nutzen. Gesagtes kann so umgehend in die Muttersprache übersetzt und eine Antwort nahezu parallel in der Zielsprache ausgegeben werden. Oder auch das Einflüstern von Antworten durch Dritte über Knopf im Ohr sind interessante Begleiterscheinungen des technologischen Fortschritts. Je besser die technologischen Möglichkeiten werden, desto schwerer kann es sein, diese Tricks zu entdecken.
Das Kennenlernen Online ist also auch ein Faktencheck für die Fähigkeiten des oder der Kandidat*in. Sollten sich einmal Zweifel regen, raten wir von einer direkten Konfrontation, noch dazu im Gespräch, ab. In vielen Herkunftsländern gilt eine direkte Kritik als immenser Gesichtsverlust. Daher empfehlen wir, gute Miene zum „bösen“ Spiel zu machen und die Gründe für eine mögliche Absage, Vertagung oder Wiederholung auf andere Faktoren zu legen.
3) Schaffen Sie Vorfreude auf Ihr Unternehmen, auf Deutschland, auf Mehr
Ein internationaler Umzug ist ein großer Schritt. Im Kennenlernen geht es daher unter anderem auch darum, der ausländischen Fachkraft Interesse und Willkommen auszusprechen. Das macht Lust und Motivation, die kommenden Monate mit Behörden im Heimatland, Ausreise und Abschied, usw. zu navigieren. Zeigen Sie also auch gerne schon Vorfreude beim ersten Online-Kennenlernen.
Eine wichtige Regel ist: Besprechen Sie Dinge, die die Pflegekraft betreffen, gerne direkt mit der Pflegekraft. Jedes Sprechen ÜBER die Pflegekräfte aus dem Ausland in ihrer Anwesenheit ist einmal zu viel. Sie würden es bestimmt auch als unangenehm empfinden, wenn die Pflegekraft plötzlich in ihrer eigenen Muttersprache vor Ihren Augen und Ohren offensichtlich über Sie sprechen würde, oder? 😉
Sprechen Sie also gerne MIT den Pflegekräften. Fragen Sie, wie es ihr geht, was sie macht, wie ihr Alltag aussieht und was sie beschäftigt. Themen, die wir in Deutschland als „zu persönlich“ bewerten würden, sind in anderen Kontexten gängige Small-Talk-Themen. Dazu gehören, z.B. Familie, Familienstand, Herkunft. Eine unverfängliche Plauderei zu diesen Themen (mit nicht allzu vielen Details) sorgt oft für sozialen Kitt. Für weitere Ideen zu Unterhaltungsthemen, ob im Kennenlernen oder im Berufsalltag, schauen Sie gerne auf unseren Blog.
Und zu guter Letzt: Versuchen Sie, sich die Einstellung aus dem Kennenlerngespräch zu wahren. Auch als Arbeitgeber „bewerben“ Sie sich um die Pflegekräfte aus dem Ausland, nicht nur beim ersten Kontaktpunkt, sondern an jedem Punkt in ihrem Arbeitsalltag. Oft geht dieser Aspekt im Tohuwabohu des Alltags unter. Wenn Sie die Kultur der Wertschätzung aus dem Kennenlernen in den regulären Werktag mitnehmen können, sind Sie schon ein gutes Stück weiter, um ihre Pflegekräfte aus dem Ausland langfristig engagieren zu können.